Der Glaser-Effekt im Training
Shownotes
»Muss es immer mehr sein? Wann ist es genug?«
In dieser Episode nehmen Dich Sabine und Jürgen mit auf eine gedankliche Reise zwischen Selbstverwirklichung und Selbstakzeptanz, zwischen Trainerverantwortung und Bedürfniserschaffung. Klingt philosophisch? Ist es auch – aber mit viel Praxisbezug.
Was passiert, wenn wir permanent zur Weiterentwicklung aufrufen?
Ausgehend von der Metapher des Glasers, der selbst Fensterscheiben einschlägt, um neue Aufträge zu generieren, stellen sich die beiden Hosts selbstkritisch die Frage:
Schaffen wir als Trainer:innen eigentlich manchmal erst die Unzufriedenheit, die wir später professionell zu beheben versuchen?
Dabei sprechen sie u. a. über:
- den Trend zur endlosen Selbstoptimierung
- Leadership zwischen Anspruch und Realität
- den Einfluss von KI auf Selbstbild und Performance
- das feine Spiel zwischen «Ich nehme mich an» und «Ich will mich verändern»
- und die Sehnsucht nach echtem Müßiggang in einer zweckgetriebenen Welt
Was ist eigentlich genug?
Wie viel Entwicklung ist gesund?
Wo liegt die Grenze zwischen «Ich wachse» und «Ich funktioniere nur noch»?
Sabine teilt ein ehrliches Beispiel aus ihrem Führungsalltag und zeigt, wie der Umgang mit eigenen Fehlern zur psychologischen Sicherheit im Team beiträgt – oder eben auch nicht.
Jürgen hinterfragt, ob wir nicht längst in einem «Second Life des perfekten Auftritts» gefangen sind – und wie wir da wieder rauskommen.
Eine Einladung zum ehrlichen Innehalten
Diese Folge ist keine Anleitung zum Besserwerden.
Sie ist ein Angebot zum Nachdenken, Mitfühlen und Innehalten.
Na, reicht das?
Na dann los – hör rein und denke!
Inspirierende Minuten wünschen Dir
Sabine und Jürgen
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Redaktion und Produktion: Sabine Venske-Heß und Jürgen Schulze-Seeger
Musik, Sprecher, technische Unterstützung: Felix Müller, hejfelix.com
Fotos: Uwe Klössing, personalbrandingcompany.de
Ergänzendes Material
- Buchtipp: „Wired to Grow“ von Britt Andreatta
- Podcast-Empfehlung: Betreutes Fühlen – Das Leistungs-Paradox
Mehr zum Bild des Glasers
Die Metapher des Glasers wurde bekannt durch Frédéric Bastiat, einen französischen Ökonomen, in seinem Aufsatz „Ce qu’on voit et ce qu’on ne voit pas“ („Das, was man sieht, und das, was man nicht sieht“) von 1850.
Darin schildert er das sogenannte „zerbrochene-Fenster-Paradoxon“:
Ein Junge wirft die Scheibe eines Bäckers ein. Die Leute sagen:
«Na, immerhin profitiert der Glaser davon – er verdient Geld, das kurbelt die Wirtschaft an.»
Bastiat erklärt aber: Das ist ein Denkfehler. Denn das Geld, das der Bäcker nun für die Reparatur ausgeben muss, fehlt ihm an anderer Stelle – er hätte sich vielleicht neue Schuhe gekauft oder ein Buch. Der Schaden ist also kein Gewinn für die Wirtschaft, sondern lediglich eine Umverteilung, die etwas anderes verhindert.
Auch Charlie Chaplin hat dieses Bild genutzt: In The Kid (1921) wirft der kleine Junge, gespielt von Jackie Coogan, Fensterscheiben ein – und Chaplins Figur, der Tramp, kommt «zufällig» vorbei und verdient mit der Reparatur als Glaser sein Geld.
Transkript anzeigen
Jürgen Schulze Seeger
Bist du wirklich zufrieden mit deinem Leben?
Sabine Venske-Hess
Also das ist ja. Entschuldige mal bitte, damit kannst du dich doch auf gar keinen Fall zufriedengeben.
Jürgen Schulze Seeger
Propagieren wir die Selbstverwirklichung des Menschen.
Sabine Venske-Hess
Wann bin ich weit genug selbstverwirklicht?
Jürgen Schulze Seeger
Damit steigern wir die Nachfrage nach unseren Produkten.
Sabine Venske-Hess
Tada, durch Zufall bin ich gerade hier.
Narrator
Learn Unlearn, Repeat. Der Podcast für alle, die das Lernen leichter und das Verlernen schneller machen wollen. Mit Sabine Fenske Hess und Jürgen Schulze Seeger.
Jürgen Schulze Seeger
Hey Sabine.
Sabine Venske-Hess
Hallo Jürgen.
Jürgen Schulze Seeger
Guten Tag. Ich habe eine komische these, die ich mit dir teilen will und dann kannst du entscheiden, ob wir der mal nachgehen. Es gibt dieses berühmte Gleichnis von dem Glaser, der die Gläser Fensterscheiben einwirft, damit er mehr zu tun hat. Was das jetzt mit Training zu tun hat, fragst du dich genauso.
Sabine Venske-Hess
Ich hänge gerade noch diesem Bild nach. Entschuldige, aber jetzt habe ich es. Also ich sehe lauter zertrümmerte Glasscheiben in irgendwelchen Häusern und dann steht er unten und tada, durch Zufall bin ich gerade hier.
Narrator
Glaser.
Sabine Venske-Hess
Ich bin übrigens Glaser. Genau. Jetzt bin ich gespannt. Das heißt, wir versuchen Menschen. Tja, ja, übertrage mir das bitte auf unsere Situation.
Jürgen Schulze Seeger
Folgender Gedankengang, der mich in den letzten Jahrzehnten immer wieder mal beschäftigt. In den meisten unserer Trainings, egal welche Überschrift sie haben, propagieren wir die Selbstverwirklichung des Menschen. Ob das in der Kommunikation ist, in der Führung, in der Zusammenarbeit, in Persönlichkeitstrainings, ganz extrem, wenn wir mit Inventories arbeiten. Es geht immer darum, komm mehr bei dir selbst an, verwirkliche deine Talente, Hab ein erfülltes Leben, in dem du das lebst, was du leben willst. Das propagieren wir. Und dadurch, dass wir es propagieren, ist natürlich der Bedarf oder steigt natürlich auch der Bedarf danach darin Unterstützung zu bekommen. Macht das Sinn, was ich sage?
Sabine Venske-Hess
Ja, ich glaube, ich weiß, in welche Richtung.
Jürgen Schulze Seeger
Wir werfen eigentlich Scheiben ein, weil wir Menschen nahezu erwecken teilweise. Also ich würde es jetzt ein bisschen übertrieben sagen. So agieren wir nicht. Also wir Trainerinnen, wir agieren nicht so, Aber die Botschaft ist ja untendrunter da. Nä bist du wirklich zufrieden mit deinem Leben? Ist das, was du bis jetzt erreicht hast, wirklich das, was du hättest erreichen können? Und geht es von hier aus nicht weiter.
Manchmal kommen die Menschen mit diesem Vorsatz oder der Ambition aus diesem Grund ja zu uns. Also die Ich wünsche mir eine Erweiterung meiner Fähigkeiten und meiner Wirksamkeit. Das heißt, die sind unterwegs, sie haben Ambitionen und wir konzipieren Lernreisen, Trainings, Trainingsprogramme dafür, dass das möglich ist, dass sie talentgerechter agieren. Und gleichzeitig frage ich mich, wäre das überhaupt so ein Riesenbusiness und so in der Welt, wenn diese Headline lebe ein selbstverwirklichtes Leben, wenn diese Headline gar nicht existieren würde und jetzt zudem, ich weiß, du selbst machst oder hast immer wieder auch mal Persönlichkeitstrainings gemacht oder ähnliche Dinge, aber das ist in unserer Branche ja schon sehr, sehr präsent. Also dieser Ursprung wahrscheinlich aus dem amerikanischen Lebe, was du leben kannst und leben willst und wir erhalten dadurch diesen Anspruch, auch wenn wir in Organisationen gehen, dass das eigentlich das Lebensziel ist und damit steigern wir die Nachfrage nach unseren Produkten. Und deswegen ging mir dieses Glaser Beispiel durch den Kopf.
Wie siehst du das?
Sabine Venske-Hess
In dem Glaserbeispiel wäre das ja dann, wir zerstören sozusagen die Illusion, dass so wie du bisher lebst, das auch ganz fein ist, sondern wir sagen nee, nee, nee, nee, nee, also das ist ja, entschuldige mal bitte, damit kannst du dich doch auf gar keinen Fall, gehst weiter.
Jürgen Schulze Seeger
Mit Konflikten leben, komm ins Konflikttraining.
Sabine Venske-Hess
Ja, das hat ja auch was mit Leadership, das ist mir auch sofort eingefallen zu tun, was ich ja auch privat immer gerne diskutiere. Braucht es das überhaupt alles? Müssen wir uns mit Führung beschäftigen oder macht man das einfach aus dem Bauch heraus? Und die Frage treibt mich auch immer mal wieder um und ich glaube auch, dass das ein sowohl als auch mal wieder ist im Sinne, wenn ich mir Führung zum Beispiel jetzt mal nehme, also ich gehe mal für einen Moment weg von der Selbstverwirklichung, weil da finde ich es tatsächlich auch am wenigsten einfach die Benchmark irgendwie zu legen. Wann ist, wann bin ich weit genug selbst verwirklicht? Wenn ich bei Führung gucke, dann gibt es auch da natürlich so ganz viele Blicke darauf und ganz viele unterschiedliche Ansätze. Und die Frage, wann ist es eigentlich okay zu sagen, jetzt so wie ich führe, bleibe ich jetzt mal, ist genauso schwer zu beantworten.
Ich würde mal grundsätzlich sagen, solange mein Team davon profitiert, dass es mich gibt. Also besser ist mit mir, als es wäre ohne mich, wenn ich es nicht aufhalte in seinen eigenen Motivationen, wenn ich ihm nicht im Weg stehe, wenn ich es nicht demotiviere. Das ist mal so die Mindestanforderung, wo ich sage, das passiert aber aus meiner Wahrnehmung eben immer mal wieder natürlich nicht gewollt. Also keine Führungskraft steht morgens auf und sagt, heute gehe ich meine Leute demotivieren, sondern aufgrund blinder Flecken, aufgrund von Mechanismen, die dem Menschen gar nicht bewusst sind, aufgrund von vielleicht nicht ganz so ausgeprägtem Reflexionsbewusstsein oder Fähigkeiten, vielleicht auch von der Bereitschaft, überhaupt hinzugucken und so weiter. Also es gibt so eine Art Mindestanforderung, wo ich sage, okay, wenigstens solltest du nicht dein Team genau daran hindern, gut zu sein. Das wäre für mich das Gleiche beim Thema Konflikte. Vielleicht solltest du wenigstens so viel darüber kennen, dass du nicht dadurch Beziehungen kaputt machst, dass du dich selber nicht kaputt machst, indem du gar nichts aussprichst und irgendwann auf der Strecke bleibst.
Bei Selbstverwirklichung fällt mir sowas Ähnliches ein, also zu Bleibe gesund im Sinne auch der psychischen Gesundheit, indem du dich auf jeden Fall so weit damit beschäftigst, wenn es dir nicht gut geht, inwiefern du da Einfluss drauf nehmen kannst, durch bestimmte Dinge nach oben hin eine Grenze zu setzen, zu sagen du jetzt bist du aber glücklich genug. Also nun ist mal gut, sehe ich auch nicht, Sondern es ist ja eher die Frage, ist da noch was möglich? Oh mein Gott, also das eröffnet tausend Dinge. Ich habe über Leistungssport denke ich im Moment viel nach. Leistungssport. Im Zusammenhang mit Business.
Jürgen Schulze Seeger
Ist es auch so, Du kannst hingehen und sagen, okay, ist das wirklich genug, dass du nur nicht im Weg stehst?
Sabine Venske-Hess
Naja, natürlich.
Jürgen Schulze Seeger
Oder selbst bei sehr, sehr erfolgreichen Unternehmerinnen oder sehr, sehr erfolgreichen Führungskräften kann man ja immer noch die Frage ste Ja, du bist erfolgreich, dein Team ist erfolgreich, ihr reißt unglaubliche Dinge, aber käme nicht der Gedanke vielleicht dir auch in den Sinn, dass das vielleicht noch erfüllter gehen würde oder eben noch mehr möglich ist, wenn du noch ein paar weitere Kniffe anwendest oder noch ein paar Dinge installierst, die du bisher noch nicht installiert hast. Also insofern nähren wir auch durch unsere Angebote diesen Zweifel daran, ob das genug ist, was ich glaube, es ist nie genug irgendwie. Aber gleichzeitig gilt dann dieser Frage dich, ob du glücklich bist und du hörst auf es zu sein. Und damit schaffen wir Nachfrage nach unseren Trainingssitz. Ist das vielleicht ein bisschen zu kopfhart, wenn ich so da rangehe?
Sabine Venske-Hess
Glaube ich nicht. Mir fällt gerade eine Folge betreutes Fühlen ein, die ich gehört habe. Und da ging es auch um diesen Zwiespalt zwischen der Tatsache, dass wir Menschen irgendwie einerseits einen faulen Anteil in uns haben, da war eines der Bilder, wenn so eine Rasenfläche existiert in einem Park und der Weg nicht von vornherein so gelegt ist, dass es der kürzeste ist, der zu dem Punkt führt, wo ich hin möchte, dass wir dann eben einen neuen Weg austreten, weil ich müsste ja eventuell 0,32 Sekunden länger laufen, indem ich diesen Bogen mache. Und gleichzeitig setzen wir uns auf Fahrräder, ziehen Joggingschuhe an und versuchen jeweils irgendwie unsere bisherigen Bestmarken zu übertreffen. Also irgendwie ist es ja in sich ein vide Widerspruch. Und ganz klare wissenschaftliche Erkenntnisse sagen, dass wir diesen Wunsch nach Steigerung, Verbesserung, nach noch mal mehr tatsächlich tief in uns tragen, die meisten von uns also wirklich die absolut überwiegende Mehrheit und eine Runde klug geschwätzt. Welche Forschungsergebnisse stützen die Idee, dass Menschen sich tatsächlich von selbst aus weiterentwickeln wollen?
Allen voran ist bei allen Recherchen das Ergebnis immer wieder die Selbstbestimmungstheorie oder Self Determination Theory. Und in diesem Zusammenhang ist mehrfach nachgewiesen, dass wir Menschen, wenn wir unsere drei psychologischen Grundbedürfnisse erfüllt sehen, tatsächlich auch wachsen wollen. Und diese Grundbedürfnisse sind Autonomie, also dass ich selber bestimmen kann, wie ich handle. Das zweite ist kompetent, das heißt dieses Wirksamkeitsgefü Ich kann was, ich bin fähig zu etwas und ich bewirke auch etwas. Und das dritte ist die soziale Eingebundenheit. Ich gehöre dazu, ich bin mit anderen verbunden. Wenn diese drei Grundbedürfnisse erfüllt sind, dann gibt es die intrinsische Motivation, dass wir freiwillig und mit Freude Aufgaben ausüben, wachsen und uns entwickeln und tatsächlich auch lernen miteinander und auch mit uns selbst.
Wenn das fehlt, dann sinkt das. Das heißt, es tritt Frustration ein und Antriebslosigkeit und teilweise eben sogar ungesunde Verhaltensmuster. Dieses Zusammenspiel ist in vielen Metastudien noch mal erneut bewiesen worden. Wir packen euch in die Shownotes auch Quellen rein, wo ihr da mal näher schauen könnt. Und das Ganze wird unterstrichen und gestützt, unter anderem auch durch eine neue Übersichtsarbeit, die tatsächlich jetzt von 2025 stammt, wo Campbell und Saunders zusammen das Effort Paradox erforscht haben. Und auch das packen wir euch in die Shownotes. Damit habt ihr auch noch wissenschaftliche Hintergründe und Futter zu unserem nicht so leicht fassbaren und philosophisch und inhaltlich, glaube ich, dennoch extrem für uns Trainer relevanten Thema.
Und hiermit endet das klug Geschwätz Hardwire to Growth.
Jürgen Schulze Seeger
Da gibt es ein tolles Buch von der Andreason, heißt sie, glaube ich, amerikanische Psychiaterin, die das nachweist, dass wir eigentlich wachsen wollen.
Sabine Venske-Hess
Ja, und insofern widerlegt es den Gedanken, wir schmeißen Fensterscheiben ein und das ist ja was Ungewolltes. Also das würde ja bedeuten, der Mensch hat eigentlich ein super Leben und ist total fein. Und dann kommen wir und sagen nee, nee, nee, nee, nee, da täuschst du dich. Das ist gar nicht so super.
Jürgen Schulze Seeger
Echt jetzt guck mal auf Social Media, wie toll die anderen leben.
Sabine Venske-Hess
Möchtest du nicht auch so leben? Das ist natürlich gleich wieder die andere Seite. Also die Antwort darauf ist für mich wirklich sehr Ja, und weil das Unbegrenzte, also dieses permanente Es muss noch mal besser gehen und noch mal besser geHen, hat natürlich auch was sehr Schädliches. So wie du sagst, frag jemanden, ob er glücklich ist und er hört auf es zu sein. Diese Benchmarks mir anzugucken, die geschönt geputzt, nur in Ausschnitten dargestellt sind, sorgt natürlich auch für ein Bild von einer potenziellen Möglichkeit, die nicht real ist. Diese Menschen sind nicht immer zu so geschminkt, die sind nicht immer zu so sportlich unterwegs, die sind nicht immer zu so strahlend. Und da sind wir wieder bei diesem Leistungsprinzip auch unter Grenze.
Also schaffe ich es für mich selber auch zu Was reicht denn? Denke ich gerade an ein Finanzthema? Wo ich in einem Seminar, was ich dazu gemacht habe, ganz am Anfang die Frage gestellt bekommen okay, wie viel möchtest du mindestens an Geld haben? Und das war wirklich so Was ist so ein Ziel? Was soll irgendwann mal da sein? Und dann kam als nächstes die Wie viel möchtest du maximal haben. Und ich dachte so wie maximal?
Jürgen Schulze Seeger
Was ist das für eine Frage?
Sabine Venske-Hess
Genau, was für der Schwachsinn. Also so viel wie möglich halt. Und daraus hat sich eine super interessante Diskussion ergeben, dass in dem Moment, wo ich das eben auch gar nicht begrenze, ich halt ganz schwer mit meinen Ressourcen handhaben kann, also balanciert wirklich entscheiden kann, investiere ich jetzt noch diese Zeit, diese Energie, dieses Herzblut in etwas, um noch mehr zum Beispiel Geld zu bekommen? Oder sage ich, das ist jetzt okay, jetzt ist dieser Punkt erreicht, wo es kippt in ein muss nicht und dann lasse ich das auch. Und ich glaube, den für sich selber immer mal wieder zu finden, ist eine relevante Größe, um sich eben nicht totzurennen, wie manche Hamster in Rädern. Und da ist die Frage, ob wir das, ob wir das auch thematisieren. Also ich versuche das jetzt immer wieder so auf unser Thema, so wir als Trainer und was ist eigentlich unsere Verachtung darin?
Weil das ist so die Frage, die ich von dir mithöre. Was verantworten wir? Und es kann schon interessant sein für uns zu überprüfen, ob wir diese Frage stellen, Wo ist auch mal fertig? Ich habe gerade aktuell ein Leadership Programm, wo es um das Thema Verbesserung der oder Fokus und Blick auf die psychologische Sicherheit geht. Und da haben wir natürlich auch das Thema Umgang mit eigenen Fehlern und haben auch sehr offen darüber gesprochen, wie bin ich im Moment mit mir selbst, wenn ich feststelle, dass ich etwas gemacht habe, was nicht sinnvoll war, was nicht hilfreich war, was tatsächlich auch fachlich vielleicht wirklich richtig falsch war. Richtig falsch. War es auch so schön deutsche Sprache oder es war richtig, richtig, richtig falsch.
Jürgen Schulze Seeger
Umgekehrt gibt es das übrigens nicht, ne?
Sabine Venske-Hess
Genau, fälschlicherweise richtig. Und auch da immer wieder zu Ja, und was ist mein Anspruch an mich selbst, wenn ich dann bewusst gucke und ich habe jetzt mit einem Ich hatte eine Teamsitzung, es ist eine lange Woche gewesen, es ist Freitag, und eine Mitarbeiterin, mit der ich durchaus schon länger meine Challenge habe, fragt vor dem ganzen Team etwas, was schon fünfmal gefragt worden ist. Und das haben wir wiederum unter vier Augen schon mehrfach besprochen, dass sie das immer wieder macht und dass ich sie doch darum bitte, darauf aufzupassen, weil sie jedes Mal Zeit in Anspruch nimmt und dass das nicht sinnvoll ist. Und jetzt macht sie es wieder gerade. Und vielleicht bin ich dann einfach mal so wenig energiereich, dass ich pass mal auf, das ist jetzt das fünfte Mal, dass diese Frage gestellt wird. Guck bitte selber nach oder schau dir die Aufzeichnung hier an, dann findest du die Antwort. So, und dann ist das Meeting zu Ende und spätestens hinterher denke Naja, ob das jetzt so zur psychologischen Sicherheit innerhalb meines Teams beigetragen hat, die Art und Weise, wie ich Vielleicht hat ja jemand.
Jürgen Schulze Seeger
Die Frage schon gestellt, dann frage ich mal lieber nicht.
Sabine Venske-Hess
Genau. So. Und jetzt kann ich mich natürlich geißeln und kann mit mir selber stark in die Konfrontation innerlich gehen. Also es ist wieder die Frage meines eigenen inneren Dialoges. Bin ich da jetzt ein bisschen zwar kritisch, aber nett zu mir? Oder gehe ich jetzt in einen Vollangriff in mir selber? Wie konntest du nur?
Aber es ist eines der Beispiele zu Kann ich nicht beides gleichzeitig? Kann ich nicht gleichzeitig okay, ich akzeptiere, dass ich einfach müde war und dass es mir nicht gelungen ist, meinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden an der Stelle. Und ich gucke was will ich machen für diese Situation? Also gehe ich auf die Mitarbeiterin zu und sage ihr zum Beispiel der Ton war einfach doof von mir. Inhaltlich bleibt es bei dem. Lass uns doch bitte gucken, wie das geht, dass du das vermeidest in Zukunft. Oder ist es dieser Hochanspruch, der mich dann schon wieder hemmt, weil ich oh Gott, ich bin jetzt erst mal so durch.
Ich muss erst mal verarbeiten, wie schlecht ich mich benommen habe. Also die Angst, anders ausgedrückt, die Angst, etwas zu akzeptieren, was ich mache, ist ja oft, dass ich dann glaube, ich verändere es nicht mehr und ich bin total überzeugt vom Gegenteil. Ich glaube nur, wenn ich es akzeptiere, dass ich es im Moment noch nicht perfekt mache, dann entwickle ich mich weiter. Wenn ich nämlich das nicht zulassen kann, dann neige ich dazu, dass ich es entweder verstecke oder verdränge oder vor mir selber rechtfertige. Und dann werde ich gar nicht dran gehen zu okay, komm, was ist die Alternative? Wie kann ich beim nächsten Mal vielleicht meine Müdigkeit frühzeitig ansprechen oder für mich früher sorgen, damit ich gar nicht so erschöpft bin am Ende der Woche?
Und oder in so einem Moment? Welche Warnsignale sind da, dass ich so genervt bin, dass ich merke Moment, jetzt muss ich besonders auf mich aufpassen Und dann habe ich ein Schild atmen, was ich mir vor den Kopf halte oder weiß der Geier. Also wenn ich die Lösungen dann suche, dann mache ich das nur, weil ich akzeptiere, dass es in dem Fall nicht gerade super gelaufen ist. Und das ist, glaube ich, genau dieses Zwischending anzunehmen, dass ich momentan mich halt noch nicht so wohlfühle in meinem Leben, wie ich das gerne möchte und dadurch mich weiterzuentwickeln und gleichzeitig aber auch eine Vorstellung davon zu haben, wo ich dahin will, die irgendwie noch in einem gesunden Rahmen ist. Schwer zu greifendes Thema, finde ich. Ja, sorry, ob ich so gerade labere, aber.
Jürgen Schulze Seeger
Es ist schon philosophisch irgendwie Thema Lernziele und so. Mich treibt das um. Aber es ist tatsächlich so, dass wenn du dir jetzt LinkedIn Posts von unserer Branche anschaust, dann sehe ich diesen Effekt. Also dieses, dass da immer noch mehr und schneller, höher, weiter. Aber eben auch das Riesenthema Selbstoptimierung, wo ist Schluss? Und jetzt vielleicht offenbare ich auch, warum mir gerade jetzt dieses Thema wieder, also jetzt in den letzten Monaten wieder häufiger durch den Kopf geht und nicht in den ERN zurückgeblieben ist, hat damit zu tun, dass dieses Nicht genug jetzt natürlich gerade durch die Erleichterung, die künstliche Intelligenz mit sich bringt, nochmal so eine neue Qualität gewinnt, weil wir tatsächlich also nicht genug heiß, ich könnte das noch besser machen und die Aufgabe könnte ich auch noch schnell lösen lassen durch KI oder das hier geht eigentlich perfekter. Also ich sehe Präsentationen, die teilweise mittlerweile aussehen, als hätte ein sechsköpfiges Gestaltungsteam, Designer hätten das gebaut und man sieht das bei den anderen und dann will man natürlich mithalten.
Das heißt, es geht immer noch ein Perfektionsgrad mehr. Aber auch das Volumen, das wir stemmen, selbe Entwicklung wie beim Smartphone. Das Volumen, das wir stemmen, ist deutlich größer denn je zuvor. Und wer stellt sich jetzt hin und Genug, es ist genug oder Stopp. Für mich ist das eines der Future Skills von Führungskräften, auf ihr Team zu gucken und zu schauen. Stopp, genug. Ich will das nicht besser haben, als es jetzt ist.
Aber wer sagt das? Weil alle Ja klar will ich das besser haben. Ja klar will ich mehr Output in meinem Team haben. Ja klar werden wir dafür bezahlt, effizienter zu sein. Ich sehe das in dieser Welt und jetzt gleichzeitig gibt es uns als Berufsbild und Berufsgruppe, die auch dieses Versprechen abgibt. Ich helfe dir dabei besser zu werden.
Sabine Venske-Hess
Also unterstützen wir da eine ungesunde Entwicklung? Ist es das, was da so mitschwingt Von dir aus auch wieder ganz viele Gedanken, die ich merke, viele Assoziationen in meinem Kopf. Erster Punkt, dieses nicht besser sein wollen, nicht perfekt sein wollen, das ist eine Diskussion, die ich gerade sehr fröhlich in meiner LinkedIn Bubble mitdiskutiere und erlebe, dass nämlich die Frage immer wieder aufkommt, woran mache ich fest, ob ich jetzt das Gefühl habe, ich rede ausschließlich mit einer KI oder ich rede mit dem Menschen dahinter, mindestens mal beteiligt an dem, was seine KI da irgendwie gerade gemacht hat, oder rede ich wirklich ausschließlich mit dem Menschen, ohne dass da irgendeine KI im Spiel war. Und das ist momentan zumindest so, dass uns das extrem wichtig ist. Ist mir auch, merke ich auch, dass ich wirklich sage, warte mal, wie viel Wertschätzung bringst du mir entgegen, wenn du einen total automatisierten Repost oder Kommentar Bot gebaut hast, der irgendwie auf meine LinkedIn Posts immer wieder was raushaut, dann habe ich das Gefühl, das ist wie ein. Also schlechter, als wenn du gar nicht schreiben würdest für mich, das kommt mir so un. Also ich finde gar kein Wort dazu.
Also es ist eben das Gegenteil von Wertschätzung für mich. Genau. Kalt und selbstorientiert, weil das Einzige, was du willst, ist viele Posts in die Welt senden und du hast gar keine Lust, mir irgendwie eine Inspiration zu geben oder mit mir wirklich in einen Dialog einzusteigen, selber auch nachzudenken über das, was ich da schreibe oder so. Interessiert dich eigentlich alles überhaupt nicht. Hauptsache, du machst viele Posts und wirst damit noch sichtbarer. Cool. Also ich glaube, es hat viel mit dem, wenn ich so drüber nachdenke, mit der Motivation dahinter, die ich da rein interpretiere, zu tun und gar nicht mit dem Verhalten als solches.
Und gleichzeitig wird eben, es gibt jetzt mittlerweile Hinweise, also ganze Listen, was solltest du deiner KI abtrainieren, damit sie nicht wie eine KI klingt, wo ich denke, OK, interessant, ich würde gerne mehr wie eine KI klingen. Ja, genau, das wäre die Alternative, dass wir uns trainieren, dass wir uns mehr.
Jürgen Schulze Seeger
Wie KI, fällt es nicht mehr so auf, dass die KI so klingt wie ich, nicht so klingt wie ich.
Sabine Venske-Hess
Und das heißt ja aber auch, dass wir auf der Suche parallel sind. Und das ist auch wieder ein Sowohl als auch die ganzen Ambiguitäten, die da im Raum sind, dieses Aushalten, dass beides irgendwie wahr ist. Ja, wir können einerseits unglaublich perfektionieren, was zum Beispiel Darstellungen von, wie du gesagt hast, Präsentationen angeht. Wir können gleichzeitig aber ganz klar den Sinn dahinter wieder mal hinterfragen. Warum braucht ein Vorstand, der eine Idee präsentiert bekommt eine Präsentation, die vorher zur Erstellung, nur zur Erstellung, nicht inhaltlich, sondern nur Für das Design 3 Stunden innerhalb des Unternehmens gekostet hat, unter Einsatz von KI, weil sonst wäre es ja viel mehr gewesen. Ist das wirklich das, was der Vorstand möchte? Oder gibt es den Vorstand, der mal halt, wenn ihr mir hier was anschleppt, was so viel Zeit gekostet hat, nur um das für mich irgendwie aufzuhübschen, dann fliegt ihr hier wieder raus.
Jürgen Schulze Seeger
Die Leute wollen natürlich auch überzeugen.
Sabine Venske-Hess
Das ist ja der Gedanke. Ich überzeuge, weil es so geil aussieht, Weil ich aber, weil ich, wenn ich als derjenige, der der Adressat des Ganzen ist, dieses Muster durchblicke und das unterbreche. Und genau das löst bei mir das Gegenteil aus. Du erreichst überhaupt nicht das damit, was du willst, sondern ganz im Gegenteil. Ich möchte gerne eine handschriftliche Skizze einer Idee, wo du als Mensch aber so dafür brennst und so dahinter stehst, dass du mir transportieren kannst. Warum? Ich habe gerade so einen Flipchart Block vor mir gesehen, vorher leer und dann wird darauf aufskizziert, was ist meine Idee, während ich völlig begeistert und brennend dafür rede. Genau, genauso.
Und ich glaube, dass es genau das ist. Also dieses immer wieder wo wehren wir uns dagegen, dass es auf die Weise passiert, Wo sagen wir selber auch Hör auf, mich noch weiter optimieren zu wollen. Ich bin fein. Also ich glaube, wir brauchen viel Bewusstsein darüber und auch viel Klarheit und auch manche an manchen Stellen Mut zu Nein, ich bin fein, so mir reicht das. Es ist okay, ich bin gut mit mir und ich bin auch gut mit dieser Präsentation und ich bin auch gut mit diesem Text und ja, es ist fein.
Genauso geht es jetzt raus. Genauso kommt es jetzt ins Buch, genauso kommt es jetzt in die LinkedIn Posts, genauso wie es jetzt ist. Ich bin's. Also ich stehe drin, ich stecke dahinter, es ist für mich lebendig und drückt mich aus.
Jürgen Schulze Seeger
Diese Balance. Es ist genug, es reicht, es reicht aus und ich bin ambitioniert und da geht noch eine Schippe drauf. Das auszubalancieren hat wahrscheinlich viele Rahmenbedingungen, nämlich unternimmt ist das noch gesund? Ist das notwendig? Lenkt das eher ab oder bringt das eher eine Schärfung der Informationen mit sich? Aber ich glaube ohnehin, dass wir im Business Kontext viel zu großen Anteil damit verbringen, also unsere Lebenszeit damit verbringen, Dinge auf eine bestimmte Art und Weise wirken zu lassen, die gar nicht notwendig ist. Ich habe das irgendwann mal Second Life genannt, bis dann Second Life mit anderen Dingen verknüpft wurde.
Second Life oder Split Life ist das eine, ist das, was du lebst und das andere verwendest du darauf, das darzustellen, wie du lebst. Also in Reinform tatsächlich im Social Media. Wenn ich mich selbst dabei ertappe, dass ich das Essen, das vor mir steht, zurechtrücke, damit das Licht besser ist, also die Kerze ein bisschen näher ran und das Glas Wein muss halb voll sein, damit es schön aussieht, bevor ich es poste, dann bin ich ja damit beschäftigt, also in dem Fall mindestens für drei Minuten damit beschäftigt, mein Leben aufzuhübschen. Und dann müsste ich mich ja für wen, wozu, damit irgendjemand glaubt, guck mal, wie toll Jürgen heute Abend gegessen hat und was da Tolles auf dem Teller liegt. Oh, das sieht auch teuer aus und das ist ja nicht das. Also ich hätte diese drei Minuten besser genutzt, um dem Aroma nachzugehen, dass durch die Vermählung des Weines mit dem Austernfleisch entsteht. Egal, aber du weißt, was ich meine.
Also dass man das mal abzieht und ne, bei uns hier nicht, wollen wir nicht, machen wir nicht.
Sabine Venske-Hess
Ja, auch da geht wieder ganz viel an. Genau. Aber natürlich ist es gleichzeitig so, wenn ich mir angucke, was ich mache, wenn zum Beispiel die Statue Meldungen durchscrolle, ich freue mich halt auch über schöne Bilder. Ich freue mich, wenn Leute gerade was Schönes erleben. Das ist so ein Mitfreuen. Und das würde ich wahrscheinlich, also würde ich auch, wenn das Weinglas drei Tapsen hat von den Fingerabdrücken und schon halb leer ist, wenn der Teller halb leer gegessen wäre und das nicht mehr besonders ästhetisch aussieht, hätte ich jetzt nicht spontane Freude erstmal wahrscheinlich. Also irgendwie ist das ein Zusammenspiel, was ganz schwer aufzulösen ist, meiner Meinung nach, was immer noch passiert Es gibt ja manchmal so Gegenbewegungen, dass Menschen sich dann tatsächlich auch über doofe Momente äußern, dass sie mitteilen, wann sie gescheitert sind, dass sie mitteilen, wann es ihnen nicht gut geht.
Das ist immer noch natürlich verschwindend gering.
Jürgen Schulze Seeger
Ich wollte gerade sagen, es ist ein sehr, sehr, sehr geringer Anteil.
Sabine Venske-Hess
Total. Irgendwie ist das doch auch pervers, wenn ich so drüber rede, dass wir einerseits die Situation haben, dass Nachrichten, die uns die Medien anbieten, immer schlecht sein müssen, damit sie funktionieren und Posts über Social Media immer gut sein müssen, damit sie funktionieren. Irgendwie ist das doch. Wir sind doch schon ein bisschen sehr schräg als Spezies. Manchmal denke ich also aus dieser Marsmännchen Perspektive und gucke auf diese Spezies Mensch und breche in schallendes Lachen aus und schüttle nur vollkommen irritiert den Kopf über manche Dinge, die wir so produzieren. Und gleichzeitig ist da auch dieser Teil drin, wo ich schon gesagt habe, so Thema Leistungssport interessiert mich gerade wahnsinnig, weil ich sehr viele Menschen in hohen Führungspositionen erlebe, die gleichzeitig Leistungssporterfahrungen gemacht haben. Und es lehrt mich natürlich wahnsinnig, über Grenzen hinwegzugehen.
Das ist eine der Sachen, die ich als Mitlernen gar nicht ausschließen kann beim Leistungssport. Es tut immer irgendwie weh und ich gehe immer noch mal einen drüber. Ich bin immer eigentlich irgendwie krank, aber ich gehe trotzdem ins Training, weil es nicht mehr ganz so schlimm ist. Ich lasse mich wieder schmerzfreier spritzen und sprint weiter. All diese Dinge. Und das ist natürlich eine Grundsatzgeschichte, die dadurch gelernt wird. Wann gehe ich auch über meine gefühlten physischen Grenzen im Job?
Wenn ich eigentlich zu müde erscheine, wenn ich eigentlich sage, ich habe keine Lust mehr, also Motivationstief habe. Wann gehe ich über psychische Grenzen? Wenn ich eigentlich das Gefühl habe, gerade belastet zu sein, lächle ich trotzdem weiter, Wenn ich gerade das Gefühl habe, dass die Art, wie mir gerade etwas gesagt wird, mich wirklich verletzt, zeige ich trotzdem die Maske der Stärke, weil ich glaube, dass das in diesem Kontext elementar ist. Also dieses ganze gegen meinen inneren Impuls gehen, was zu teilen in der Gesellschaft ja einfach wirklich auch sinnig ist, aber da auch wieder so einen schweren Moment erzeugt, wann ist die Grenze erreicht, Wann ist es ein zu viel? Und ich glaube für mich, wenn ich jetzt noch mal so ganz an den Anfang gehe, Einschmeißen, Fensterscheiben, Entwicklung von Persönlichkeit und du hast ja auch gesagt, ich mache das auch, was mir immer so wahnsinnig wichtig ist, ist das Annehmen meiner selbst. Also dieses wirklich mich umarmen mit all dem, was da ist, manchmal mit sehr starken Special Effects, die ich vielleicht habe aus Sozialisationen oder genetischen Traumata oder weiß der Kuckuck, wo die alle herkommen, wo ich besondere Reaktionen zeige, die für andere irritierend sein könnten.
Jürgen Schulze Seeger
Oh ja.
Sabine Venske-Hess
Und das Schöne ist, ich habe die alle angenommen und deswegen bleiben die auch so. Ja, aber diese Vorstufe wirklich zu ich umarme das. Also ich gehe nicht mehr dagegen an. Ich versuche es nicht mehr zu verstecken vor der Außenwelt, wie viel freier das macht und wie viel Energie das freisetzt, die ich dann auch darauf verwenden kann, zu sagen, gleichzeitig arbeite ich daran, dass sich das verändern dar. Und dann geht es gar nicht um dieses Ziel, dass ich jetzt noch was optimiere, sondern eher darum, dass ich wieder Flexibilität steigere, dass ich, ich guck mal, da gibt es ein paar Sachen, die kann ich noch dazu nehmen, die sind gut für mich. Also da ist es toll, wenn ich eine Wahl habe, wenn ich wieder ein bisschen mehr spielen kann mit meinen potenziellen Reaktionen. Und das ist, glaube ich, Tatsache so eine Grundfrage.
Was ist die Motivation und Message des Menschen, der diese Trainings anbietet? Gibt es da so eine Art Grenze? Gibt es da das Annehmen des real Existierenden? Oder ich habe gerade eine Statusmeldung von jemandem, mit dem ich vor Ewigkeiten mal Kontakt hatte und der ist jetzt gerade offensichtlich in diese Branche der Life Coaches übergewechselt. Und da lese ich Posts, wo es mir tatsächlich teilweise richtig übel wird, weil da alles verteufelt wird, was in irgendeiner Weise momentan noch imperfekt ist. Und die ganz klare Message ist, das musst du alles wegkriegen, das ist auch alles überhaupt nicht in Ordnung. Und du musst einfach nur zu mir kommen, damit du der wirst, der du tatsächlich zu sein hast und nicht der.
Jürgen Schulze Seeger
Du kannst packen unten, damit ich den Anruf sehr gerne. Das meine ich ja genau dieses hier dann in sehr Reinform, dieses Versprechen, du kommst da raus, du darfst nicht weiterleben mit deiner Imperfektion führt eben dazu, dass solche Bedarfe entstehen und darüber viel Geld verdient wird. Interessant finde ich, das wirkt in mir noch nach und dann habe ich gleich einen Gegenentwurf. Bin ich gespannt, was du sagst. Gleichzeitig merke ich, wenn du sagst, ich nehme erst mal an und gleichzeitig arbeite ich daran, dann kann ja auch leicht der Eindruck entstehen, ich nehme das an, damit ich weiter an mir arbeiten kann. Und damit ist das wieder gerichtet. Der Gegenentwurf wäre ein Training, das Müßiggang lehrt, Ziellosigkeit umarmt und zwar ohne Zweck.
Also wirklich einfach nur geiles Leben durch nichts tun oder wenig tun. Und das gibt es nicht so wirklich. Also es gibt Müssiggangstrainings, aber das ist dann oft gepaart mit Achtsamkeit.
Sabine Venske-Hess
Ich wollte gerade sagen, das hat auch wieder einen Zweck, nämlich den, dass ich mal mein Hirn ruhig, zwecklos, zwecklos leben.
Jürgen Schulze Seeger
Glücklich, dann wäre es wieder gerichtet. Unglücklich sein für Fortgeschrittene, beyond, beyond living, beyond Ziele und das rauszunehmen. Wahrscheinlich werden wir es hier in diesem Podcast nicht auflösen, aber da der Podcast heiß Learn, unlearn, repeat, streifen wir all diese Themen, nämlich was wir verlernen müssen, zum Beispiel, dass all unser Verhalten zielgerichtet sein muss auf Perfektion und dass wir lernen müssen, dass oder sollten das anzunehmen, was der Status quo ist von uns selbst. All diese Dinge haben mit dieser ewigen Schleife learn, unlearn, repeat zu tun, weil wir auch durch das Repeat immer wieder wir stellen den Status fest, ist das genug oder hat sich vielleicht sogar nachgelassen. Also hatte ich mal mehr als das, was ich gerade hatte, egal welchem Bereich. Und von da aus weiter zu sagen, okay, was könnte jetzt helfen oder was möchte ich mir aneignen, um mich lebendig zu fühlen, weil we are wired to growth or wired to grow. Andreati heißt die Frau übrigens irgendwas anderes genuschelt vorhin.
Sabine Venske-Hess
Schmeißen wir mal in die Show Notes.
Jürgen Schulze Seeger
Schmeißen wir in die Show Notes, ist neurophysiologisch ein hochinteressanter Zustand, weil letztendlich kann man das, was sie sagt und herausgefunden hat in ihren Studien reduzieren. Alles, was lebt, muss wachsen, weil es sonst stirbt. Und wir Menschen gehören mit dazu. Das ist nicht nur körperlich oder Zellwachstum oder sonst irgendwas gemeint, sondern auch in dem, was wir sind. Und diese ganze Genügsamkeit, die wir manchmal vorgelebt bekommen von Menschen, die für sich eine Akzeptanz gefunden haben und ein relativ gleichförmiges Leben führen. Selbst da wird gearbeitet, wird gepflanzt, werden Tiere versorgt. Und das ist deswegen ein Prinzip des Lebens, wenn wir nicht dafür sorgen, dass um uns herum Dinge wachsen, gedeihen oder wir selbst gedeihen.
Und sei es nur, dass wir in der Auseinandersetzung mit uns selbst und mit Büchern, Gott oder wem auch immer uns bilden und neue Gedanken haben und nicht immer wieder dieselben. Ich glaube, das steckt dahinter.
Vielleicht ist es Resümee. Vielleicht ist deswegen okay, wenn wir hier und da mal eine kleine Scheibe einwerfen.
Sabine Venske-Hess
Ja, das habe ich gerade. Da wollte ich auch gerade noch mal hin zurückkommen auf die Anfangsmetapher. Ja, vielleicht werfen wir sie ein, wenn wir sagen, wir haben hier Sicherheitsglas und wir sehen, dass du wirklich gerade hier im Erdgeschoss eine Einladung aussprichst für alle möglichen Einbrecher. Selbst dann würde ich sie nicht einwerfen. Aber da würde ich vielleicht eine davor halten, die so aussieht, als wäre es die. Und dann hast du dieses Gefühl, was wäre jetzt, wenn meine eingeworfen wäre. Aber dieser Gedanke, also dass die Glaser als solches ja nicht alle Scheiben einwerfen, sondern dass es Glaser gibt, die einfach weiterentwickeln, was an Möglichkeiten da ist, um einerseits rausgucken zu können, andererseits Sicherheit zu haben und Wärme und das dann wiederum hinstellen und guck, das ist das, was du hast.
Wenn du damit fein bist, super, wenn du gerne noch mehr für X, für Y, für Z dein Glas nutzen möchtest. Hier gibt es was. Und das ist, glaube ich, der oder anders. Das ist für mich der entscheidende Punkt, ob ich eine solche Maßnahme gerne empfehle und oder besuche oder nicht, ob ich das Gefühl habe, dass derjenige mir die Entscheidungsfreiheit gibt als Teilnehmende, bis wohin will ich eigentlich kommen und mir nicht vorgibt, dass ich gefährlichst bis dahin zu kommen habe, weil mein Leben sonst nicht lebenswert ist oder ich nicht wert bin, auf dieser Erde zu existieren.
Jürgen Schulze Seeger
Bewertungen sind das problematisch.
Sabine Venske-Hess
Ja, genau.
Jürgen Schulze Seeger
Vielleicht lassen unsere Hörerinnen und Hörer das mal in sich wirken und gucken ihr eigenes Seminarprogramm dahingehend an. Wo erzeuge ich Bedürfnisse oder wecke Bedürfnisse überhaupt erst, wo vorher gar kein Mangel wahrgenommen würde. Ich warte auf die Kurzgeschichte in irgendeinem, keine Ahnung, Ferdinand von Schirach oder sonst irgendwas. Kurzgeschichtensammlung, wo jemand mal endlich die Geschichte schreibt von dem Graffiti Künstler, der Graffiti Künstler geworden ist, weil er eigentlich damit beauftragt wurde, Graffitis zu entfernen. Das wäre doch mal eine tolle Entwicklung.
Sabine Venske-Hess
Wundervoll, sehr schön. In diesem Sinne kommt es halt auch hier wieder mal darauf an.
Jürgen Schulze Seeger
Wie immer danke, dass du dich diesem unfassbar konkreten Thema gestellt hast.
Sabine Venske-Hess
Unfassbar konkret ist auch eine schöne deutschsprachige Verbindung.
Jürgen Schulze Seeger
Richtig falsch.
Sabine Venske-Hess
Vielen Dank, bis bald. Ciao, ciao.
Narrator
Das war Learn Unlearn, Repeat, der Podcast für Lernarchitekt Innen. Jetzt abonnieren, damit du keine Folge verpasst. Sabine und Jürgen freuen sich über Austausch mit dir. Schreib ihn an podcast@BRIDGEHOUSE.de
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